Mein Name ist Klara, ich gehe in den 11. Jahrgang der Leibnizschule Hannover, bin 17 Jahre alt und war für sechs Monate in den USA. Im Januar 2014 bin ich nach Anadarko im Bundesstaat Oklahoma aufgebrochen. Der Staat liegt nördlich von Texas und westlich von Arkansas und gehört zu den Südstaaten der USA. Fast jeder hat dort einen Pick-up als Auto, man trägt Cowboystiefel und hört Countrymusik, die Männer kauen Tabak, viele haben ein Pferd oder ein Stück Land. Vor allem ältere Menschen sprechen den für Ungeübte kaum verständlichen Akzent des Südens. Es gibt unglaublich viele kleine Kirchen, die sich immer in Kleinigkeiten unterscheiden: in Anadarko gab es für knapp 7000 Einwohner 27 Kirchen!
Anadarko liegt eine gute Stunde von der Hauptstadt Oklahoma City entfernt. In dieser Kleinstadt stellt die Verbindung zur indianischen Kultur und der hohe indianische Bevölkerungsanteil eine Besonderheit dar. Ich habe dort niemanden kennengelernt, der keine indianischen Vorfahren hat. Ich habe Vieles erfahren über die indianische Kultur, die unterschiedlichen Stämme und ihre Geschichte: wie sie von den „Weißen“ aus ihrem eigenen Land vertrieben wurden und dass viele heute bitterarm sind und immer noch für Möglichkeiten auf eine Ausbildung kämpfen müssen.
Die örtliche High School besuchen etwa 300 Schüler. Die High School in den USA entspricht in etwa einer Gesamtschule bei uns. Der Kindergarten ist die 1. Klasse, danach kommt die Primary School (Grundschule) bis zur 6. Klasse, dann die Middle School bis zur 9. Klasse und von der 9. bis zur 12. Klasse die High School. Die High School war für mich eine supertolle Erfahrung, ich habe mich jeden Morgen gefreut, in die Schule zu gehen! Jeder Schüler belegt dort sechs Unterrichtsfächer und hat jeden Tag den gleichen Unterricht. Zwar muss man auch mal Biologie, Mathe und Englisch belegen, jedoch sind selbst diese Fächer um einiges einfacher als in Deutschland. Abgesehen davon kann man Theater, Psychologie, Zoologie, Schweißen, Büro, Band, Chor etc. wählen, und die 7. Stunde ist entweder eine Sportart oder ein Club. Ich selbst habe Tennis gespielt. Außerdem gab es noch Football, Baseball, Basketball, Pitch (Softball), Cross Country (Geländelauf), Track (Leichtathletik) oder Cheerleading.
Teil eines Teams zu sein hat mir sehr viel Spaß gemacht. Meine Schule hatte sehr gute Sportteams in Football und Basketball. Die Schulteams anzufeuern fand ich immer toll! Fast die ganze High School war immer da und wir haben zusammen unser Team angefeuert, haben mit den Cheerleadern geklatscht und sind ausgerastet vor Freude, wenn unser Team einen Punkt gemacht hat. Vor allem zu den Finals unseres Basketballteams hatten wir alle die gleichen T-Shirts an mit den Stadtfarben Lila und Gelb. Der Teamgeist und der Stolz der Amerikaner auf ihr Land, auf ihre Stadt und auf ihre Sportteams oder ihr College ist unglaublich mitreißend. Diese Begeisterung ist etwas, das mir sehr fehlt, seit ich wieder in Deutschland bin.
Aber Amerikaner sind auch sehr freundlich. Im Supermarkt, im Fahrstuhl, im Wartezimmer, egal wo, man wird angesprochen und gefragt, wie es einem geht. Auch in der Schule musste ich nie Angst haben, unsere einzige und große Mittagspause (lunchbreak) alleine zu verbringen.
Ich bin mit der Organisation AFS (American Field Service) in die USA gegangen. In den USA selbst wurde ich durch Partnerorganisation ETC (Education, Travel & Culture) betreut. Vor meiner Bewerbung habe ich mich auf der Webseite der Organisation informiert. Für die Bewerbung gibt es dort schon fertige Dokumente, die man dann ausdrucken und und dann ausgefüllt per Post oder Mail schicken kann. Ein paar Wochen später wird man zu einem Auswahlwochenende eingeladen. In meinem Fall wurden eigentlich alle Bewerber angenommen. Bis zur Abreise sind dann noch eine Menge Dokumente auszufüllen.
Die Kosten unterscheiden sich je nach Land und danach, ob man für ein halbes oder ein ganzes Jahr ins Ausland geht. Für Stipendien und Teilstipendien kann sich jeder bewerben, dabei spielt unter anderem das Gehalt der Erziehungsberechtigten eine Rolle. Die Organisation unterstützt die Schüler aber auch dabei, auf anderem Wege finanzielle Unterstützung zu bekommen. Beispielsweise wird vorgeschlagen, bei Firmen nachzufragen, denen man danach einen Bericht schreibt oder für die man Vorträge hält. Auf diese Weise haben einige, die ich kenne, das Geld zusammenbekommen.
Gemeinsam mit den anderen Austauschschülern wurde hin und wieder etwas unternommen. Wir waren Schlittschuhlaufen in einem Freizeitpark in Texas und haben mit unseren Gastfamilien regelmäßig an Barbecues teilgenommen. Die Austauschorganisation hat auch Trips nach New York, Washington DC und Hawaii angeboten. Ich habe Freunde aus vielen Ländern gewonnen, natürlich aus Oklahoma, aber auch aus Serbien, Bangladesch, Thailand, der Türkei, Brasilien, Südkorea und Australien.
Während meines Aufenthalts in Oklahoma bin ich mit meiner ersten Gastfamilie nach Florida, Texas und New Mexico gereist. Mit meiner zweiten Gastfamilie war ich in in Texas und Arkansas. Leider musste ich meine Gastfamilie wechseln, da ich Probleme mit meiner ersten Gastmutter hatte. Die Familie einer Freundin, an deren Jugendstunden in der Kirche ich teilgenommen habe, hat ich dann aufgenommen.
In einem fremden Land mit fremder Kultur, einer fremden Sprache und auch unterschiedlichen Weltsichten und Meinungen klarzukommen, ist nicht immer einfach. Eine Freundin von mir, auch Austauschschülerin, hatte schrecklich Heimweh, einer anderen war total langweilig, da ihre Gastfamilie kaum etwas unternommen hat. Aber jeder hat irgend ein Problem während seines Auslandsaufenthaltes, und das Lösen dieser Probleme oder der Umgang damit macht die Austauschschüler reifer und entscheidungsfähiger.
Abgesehen von der Sprache, die man nach einem Auslandsjahr gut beherrscht, gewinnt man durch einen Auslandsaufenthalt auch neue Freunde und eine Gastfamilie. Man wird selbstbewusster und erweitert seinen Horizont. Ich kann es nur jedem empfehlen! Es prägt dich für immer und das Wort ZUHAUSE wird eine andere Bedeutung für dich haben.